PFO und Tauchen – eine Herzensentscheidung

PFO und Tauchen – eine Herzensentscheidung

Die SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR UNTERWASSERUND HYPERBARMEDIZIN informiert zum Thema PFO und Tauchen wie folgt:

Quelle: Persistierendes Foramen ovale EMPFEHLUNGEN 2012 – 2015 DER SCHWEIZERISCHEN GESELLSCHAFT FÜR UNTERWASSER- UND HYPERBARMEDIZIN „SUHMS“

„Das Foramen ovale ist eine klappenartige Verbindung zwischen dem rechten und linken Vorhof des Herzens. Durch diese in der Embryonalphase jedes Menschen unentbehrliche Öffnung fliesst das Blut unter Umgehung des Lungenkreislaufes bis unmittelbar vor der Geburt. Mit dem ersten Atemzug wird das Foramen ovale überflüssig. Bei etwa 75% aller Menschen verklebt oder verschliesst es sich vollständig in den ersten Lebensjahren. Bei den andern bleibt diese Klappe „wie eine Türe angelehnt“.

HÄUFIGKEIT

Beim PFO handelt es sich um eine Normvariante, die bei über 25% aller Menschen vorkommt. Somit haben auch über ein Viertel aller Sport- und Freizeittaucher ein PFO.

RISIKO

Unter natürlichen Bedingungen kann wegen der lokalen Strömungsverhältnisse kaum etwas durch ein PFO gelangen. Nach vorgängig länger dauernder Druckerhöhung im Brustraum (mehrere Sekunden) kann im rechten Vorhof des Herzens ein genügend hoher Überdruck entstehen, damit sich diese „Türe“ öffnet und so kleinere Blutmengen in die linke Herzhälfte passieren lässt, unter Umgehung des Lungenfilters.
Die beim Tauchen dekompressionsbedingt entstehenden Mikrobläschen werden idealerweise im Lungengewebe gefiltert und dann abgeatmet. Unter oben genannten Bedingungen können Bläschen des venösen Blutes durch ein PFO direkt vom rechten in den linken Vorhof gelangen, also ungefiltert in die arterielle Blutstrombahn, wo sie erneut das Gewebe aufsättigen. Auch durch ihre Volumenzunahme (z.B. durch Verminderung des Umgebungsdruckes oder Fusion mehrerer Bläschen) und durch Aktivierung biochemischer Vorgänge im Blut können diese kleinsten Bläschen im arteriellen Systemkreislauf zu Embolien führen. Entsteht diese Verstopfung in den Adern an kritischer Stelle, wird dies einen Tauchzwischenfall provozieren. Klinisch entsteht der Eindruck einer Dekompressionskrankheit (Decompression illness DCI) unklarer Ursache.
Das Risiko, mit einem offenen Foramen ovale zu tauchen, ist extrem gering, denn das wirkliche Risiko ist nicht das offene Foramen ovale, sondern es sind die zirkulierenden Gasblasen.

EMPFEHLUNGEN

Bei unbekanntem PFO

  • Ein routinemässiges PFO Screening wird bei Freizeit- wie auch bei bei Profi-Taucher/taucherinnen nicht empfohlen.
  • Bei zufällig bekanntem PFO:
  • PFO Grad I: Die Empfehlungen sind die gleichen wie für Taucher ohne PFO.
  • PFO Grad II und III: Tauchen nach den Regeln des „low bubble diving“.

 

Nach Tauchzwischenfall

  • Nach „unverdienter DCI“ muss in jedem Fall eine ausführliche Ursachenabklärung durch einen erfahrenen und speziell ausgebildeten Tauchmediziner erfolgen.
  • Nach Therapieabschluss eines Tauchunfalls erfolgt die Beurteilung der Tauchtauglichkeit grundsätzlich nach den Empfehlungen im Tauchtauglichkeit-Manual SUHMS.
  • Wird das PFO mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als Ursache der DCI beurteilt, ist die Tauchtauglichkeit weiterhin gegeben nach den Regeln des „low bubbble diving“.
  • Im Falle eines weiteren Ereignisses besteht keine Tauchtauglichkeit mehr bis zur erneuten ausführlichen Ursachenabklärung.
  • Die allfällige Empfehlung zum PFO-Verschluss muss im Individualfall mit den persönlichen Bedürfnissen der Taucher und den mit dem Eingriff verbundenen kurz- und langfristigen Risiken in einem Gespräch abgewogen werden. Die Kostenübernahme soll geklärt werden.

15 REGELN DES „LOW BUBBLE DIVING“

Massnahmen, die die Blasenzahl tief halten

  1. Den Tauchgang mit grösster Tiefe beginnen
  2. Keine Jo-Jo-Tauchgänge Kein wiederholtes Auftauchen in den 10 m-Bereich
  3. Aufstiegsgeschwindigkeit in den oberen 10 m auf 5 m/min. reduzieren
  4. Sicherheitshalt in 3-5 m Tiefe während mindestens 5-10 Minuten
  5. Nullzeitgrenzen nicht ausreizen Keine Deko-Tauchgänge
  6. Mindestens 4 Std. Oberflächenintervall bis zumnächsten Tauchgang
  7. Maximal zwei Tauchgänge pro Tag
  8. Mindestens 2 Std. Wartezeit bei geplantem Wechselin eine höhere Höhe über Meer
  9. Meiden von grosser Hauterwärmung nach demTauchgang Sonnenbad, warme Duschen, Sauna usw.
  10. Kälte, Dehydratation und Rauchen vermeiden
  11. Tauchen mit Nitrox nach Lufttabellen O2-Toxizität beachten
  12. Spezielle Tauchcomputer resp. Software vermindern das Risiko

 Massnahmen, die den Übertritt von Blasen in die arterielle Strombahn tief halten:

  1. Keine Anstrengungen in den letzten 10 m des Aufstiegs Körperliche Arbeiten unter Wasser sowie Strömung am Ende des Tauchganges vermeiden
  2. Keine Anstrengungen in den ersten 2 Stunden nach dem Tauchgang (An der Oberfläche Jackett nicht von Mund aufblasen, Gerät im Wasser ausziehen und von Helfenden herausheben lassen, anstrengungsfreier Ausstieg an Land oder ins Boot (kein Pressen!), das Herumtragen von schweren Ausrüstungen vermeiden)
  3. Absolutes Tauchverbot bei Erkältungen Husten oder Forcieren des Druckausgleichs fördert den Übertritt von Bläschen in den arteriellen Kreislauf“

Das sagt die SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR UNTERWASSERUND HYPERBARMEDIZIN zum Thema PFO und Tauchen. Andere Autoren empfehlen maximal einen Tauchgang pro Tag, ausserdem eine maximale Tauchtiefe von 20m (Klingmann, Tetzlaf: Moderne Tauchmedizin, Handbuch für Tauchlerher, Taucher und Ärzte, 1. Auflage, 2007, Gentner-Verlag, Seite 559).

Eine 100%-ige Sicherheit mit einem PFO keine weiteren Tauchunfälle zu erleiden gibt es trotz Beachtung aller Regeln sicher nicht. Die einzig sichere Methode ist der Verzicht auf das Tauchen. Wie die Überschrift dieses Artikels  schon sagt, ist die Entscheidung mit einem PFO weiter zu Tauchen sicher auch eine Herzensangelegenheit, aber auch abhängig vom Grad (s.o).  Meist wird das PFO erst nach einem Tauchunfall entdeckt, ob man als Taucher so ein Erlebnis ein zweites mal erleben möchte, das sei jedem selbst überlassen. Jedenfalls sollte der Tauchbuddy und auch die Tauchbasenleitung oder der Tauchlehrer über das PFO Bescheid wissen, wenn schon einmal ein Tauchunfall aufgrund des PFO auftrat. Das richtig große Problem der Dekokrankheit ist nämlich das Erkennen und richtige Deuten der Symptome. Wenn man dann im Ernstfall weiß, dass der Buddy bereits früher einen Tauchunfall hatte, denkt man im Notfall  eher an eine DCS, als wenn man diesen Umstand nicht kennt.